06.02.2024, Jasmin Schweizer
Der Mensch ist ein soziales Wesen, grundsätzlich.
Wir fühlen uns geborgen innerhalb einer Gruppe. Zugehörigkeit gibt uns ein Gefühl von Sicherheit und Struktur, definiert unsere Rolle, hilft uns, das Leben einzuordnen und zu überschauen. Zugehörigkeit ist identitätsstiftend: Da gehöre ich hin, das ist mein Platz. Nichtsdestotrotz ist der Mensch einzigartig, die einen sind extrovertiert, die anderen introvertiert, viele wohl etwas dazwischen, je nach Stimmung und Situation.
Ich gerate in Situationen, wo ich nicht so recht weiss, wie ich mich verhalten soll, fühle mich nicht zugehörig, kann mich nicht einordnen. Ich merke, dass ich irgendwie an der Oberfläche bleibe, es nicht schaffe, eine Verbindung herzustellen. Ich habe keine Lust oder besser kein Bedürfnis, mich auszutauschen, mich mit anderen auseinanderzusetzen und mich auf ihre Themen einzulassen. In solchen Momenten wäre ich gerne unsichtbar. Ich fühle mich verloren, unpassend, einsam im Moment. Will weg. Bin eigentlich schon weg, weil gar nie angekommen. Sometimes I'd rather sing when others are silent. Sometimes I'm just stunned and I fall deeper than I was before.
Ich gerate in Situationen, wo ich dann einfach so tue als ob. Ich spiele das Spiel mit, lache, schwatze, höre zu, zeige Interesse. Danach fühle ich mich manchmal leer, langweilig, manchmal jedoch seltsam leicht und unbeschwert. Alles easy. Nichtssagend.
Manchmal versuche ich, gar nicht erst in solche Situationen zu kommen und bleibe zuhause. Allein. Mache nicht mit. Dann benutze ich hierfür eine Ausrede, weil ich nicht den Mut habe, die Wahrheit zu sagen. Doch wie soll ich meine Wahrheit erklären, ohne jemanden zu verletzen? Kann ich sie mir selber denn überhaupt erklären?
Manchmal möchte ich dazu gehören. Ich sehne mich danach, so zu sein wie alle, ganz normal. Ich möchte nicht allein sein, mich anders, komisch und eigenartig fühlen, ausgegrenzt sein - zumindest in meinen Gedanken und bei meinen Gefühlen. Ich bin genauso wie alle anderen, nicht besser, nicht schlechter, sondern einfach nur ein Mensch, ein soziales Wesen, grundsätzlich.
Diesen Widerspruch auszuhalten, beschäftigt mich seit jeher. Bin ich einfach eine merkwürdige Mischung zwischen konventionell und exzentrisch? Deeper I fall.
Ich bin sowohl durchschnittlicher als auch ungewöhnlicher, als ich denke. Diese Erkenntnis hilft mir im Umgang mit meinem chronischen und oft versteckten Gefühl des Alleinseins, der Leere und Isolation. Ich realisiere zunehmend, dass Individualität bedeutet, ganz sich selbst zu sein und auch seine Schattenseite anzunehmen. Ohne Individualität gibt es auch keinen Gegenpol: die Ähnlichkeit der Menschen, mein Schatten. Ich brauche beide Seiten, sie gehören zu mir. Ich darf in der Gruppe aufgehen, sein wie alle anderen und doch auch meinen Standpunkt haben, meine Individualität leben. Das ist für mich normal. Deeper I fall, never ever, never ever, please.
Geht das anderen auch so? Ich wünsche es mir so sehr.
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